Bericht der NW

TSG Harsewinkel sichert sich durch ein 31:31 gegen Vizemeister Hagen den Klassenerhalt. Blutjunges Rückraum-Trio fasziniert. Mühlbrandt: „Mehr wert als ein Aufstieg“.

Es ist vollbracht!

Im Hasenbau brachen am Samstagabend alle Dämme. Die TSG Harsewinkel hat nach eine brutalen Saison in der Handball-Oberliga, in der neun von 17 Mannschaften absteigen werden, am vorletzten Spieltag den Klassenerhalt geschafft. Durch das 31:31 (15:17) gegen den Vizemeister VfL Eintracht Hagen II holte die TSG den rechnerisch noch fehlenden letzten Punkt, um aus eigener Kraft in der Liga zu bleiben.

„Dieser Klassenerhalt ist mehr wert als unsere beiden Aufstiege“, sagte ein sichtlich angefasster TSG-Trainer Manuel Mühlbrandt, dessen Augen feucht glänzten. „Was uns in dieser verdammt langen und harten Saison abverlangt wurde, ist unvergleichlich.“ Welche riesigen Entwicklungsschritte seine Mannschaft gemacht hat, wurde am Samstagabend noch einmal überdeutlich. Die TSG führte 10:7 (13.), geriet dann in einen 0:8-Antilauf und lag sieben Minuten später mit 10:15 hinten. Noch vor einigen Wochen wäre das gleichbedeutend mit einer Niederlage gewesen. Doch die Mannschaft hat mittlerweile eine unheimliche Mentalität entwickelt „Wir kommen gegen den Vizemeister dann noch einmal zurück – was soll ich dazu sagen?. Wahnsinn, was das Team dann abgerissen hat“, schwärmte Mühlbrandt.

Bemerkenswert war vor allem, mit welchem Personal das Comeback gelang. Die Ausfallliste war mit Nico Sewing, Robert Indeche, Malik St. Claire, Heinrich Steinkühler und dem bereits seit Saisonbeginn fehlenden Kapitän Sven Bröskamp lang und prominent besetzt. Florian Bröskamp kam zudem nur sporadisch zum Einsatz. Mehr als nur in die Bresche sprang der furios aufspielende Rückraum um Jannis „Schleuder“ Hoff (13), Liam „Simba“ Lindenthal (8/3) und Niko Bratzke (7) der zusammen 28 der 31 Tore erzielte. Und das im zarten Alter von 19 (Hoff, Lindenthal) sowie 20 Jahren (Bratzke).

Beim 20:20 (37.) war der Ausgleich wieder hergestellt und beim 31:28 (59.) schien die zweite Saisonniederlage der Gäste besiegelt. Lukas Kister rettete Hagen mit einem direkt verwandelten Freiwurf nach Ablauf der 60 Minuten zwar noch einen Punkt, der reichte im Fernduell um den Aufstieg mit der TSG A-H Bielefeld aber nicht. Die Bielefelder warfen sich durch ein 33:27 über den TuS Ferndorf II in die 3. Liga.

Bei der TSG Harsewinkel wurden nach Spielende mit Malik St. Claire (TSG A-H Bielefeld), Kevin „Braunbär“ Brown (2. Mannschaft), Luke Steinkamp (TuS Brockhagen) und Niko Bratzke vier Akteure verabschiedet. Die Hoffnung, U19-Europameister Bratzke doch noch halten zu können, hat die TSG aber noch nicht aufgegeben. „Was besseres, als mit uns hier den Klassenerhalt zu feiern, kann ihm doch gar nicht passieren. Niko hat bei uns wieder Bock auf Handball bekommen“, sagte Manuel Mühlbrandt, der über die Qualität Bratzkes sagte „Er ist der beste Handballer, den Harsewinkel jemals gesehen hat.“

In der Stunde seines wohl größten Erfolges mit der TSG wirkte „Mühle“, seit Juli 2015 Trainer der 1. Herren, indes auch ein wenig nachdenklich. „Es gab schon Phasen in der Saison, wo bei mir Zweifel aufgekommen sind. Vor allem im November, Dezember, als ich oftmals nicht gut in den Schlaf gekommen bin. Da habe ich in mich reingehört: Wo setze ich an und welche Hebel muss ich bewegen?“, hatte sich der Coach auch selbst hinterfragt. Dass mit dem sportlichen Happy End jetzt auch wirklich alles gut ist, bleibt zunächst einmal dahin gestellt. „Wir werden ein paar Steine umdrehen und einige Dinge ansprechen“, so Manuel Mühlbrandt. Auf Nachfrage, ob das bedeuten könnte, dass er in der kommenden Serie nicht mehr als Trainer der TSG Harsewinkel zur Verfügung stehe, antwortete der Coach: „Die Aussage bleibt so stehen, wie ich sie gesagt habe.“

Teammanager Karlheinz Kalze geht offenbar fest davon aus, dass „Mühle“ der TSG erhalten bleibt. „Das war eine wahre Meisterleistung von ihm. Mühle ist der Kopf des Teams. Wahnsinn, was er gerade in den letzten Wochen an Energie reingebracht hat. Die tolle Weiterentwicklung unserer talentierten Jungs ist sein Verdienst und wir sind megafroh, ihn bei uns zu haben“, sagte Kalze, der „megastolz auf dieses Team und sehr, sehr dankbar“ ist.