Berichte vom Spiel gegen Ferndorf

NW

Nach ganz viel Schatten erstrahlt ein helles Licht

Wutentbrannt schleuderte Manuel Mühlbrandt seine Mütze auf den Boden, kniete beinahe flehend vor Luca Sewing und versuchte seinen indisponierten Rückraum-Shooter mit dem Aufzeigen der richtigen Laufwege auf der Magnettafel aus der Lethargie zu reißen. Der Trainer der TSG Harsewinkel gab an der Linie alles – und sein Handball-Oberligist riss ein zur Halbzeit von vielen der 400 Zuschauer im Hasenbau bereits aufgegebenes Spiel gegen den TuS Ferndorf II noch mit 32:25 (15:19) aus dem Feuer.

„Die erste Halbzeit war blutleer, es war zum verzweifeln. Die Einstellung stimmte nicht und in der Abwehr wurde viel zu wenig kommuniziert. Da herrschte ja Totengräberstimmung“, klagte Mühlbrandt. Zunächst bekam die TSG das Zentrum nicht geschlossen, dann kassierten die Hausherren einen Treffer nach dem anderen über die Außen. Der Ferndorfer Spielertrainer Leon Sorg glänzte mit viel Übersicht und erzielte im ersten Abschnitt zudem sechs Tore. „Wir haben eine überragende erste Halbzeit gespielt – vielleicht sogar die beste der gesamten Saison. Ich weiß nicht, was dann passiert ist“, sagte Sorg zu dem, was ab der 31. Minute passierte.

Sewing erzielte per Siebenmeter seinen ersten Treffer zum 16:19, doch der TuS blieb (noch) cool und konterte zum 17:21 (35.) aus Harsewinkeler Sicht. Dann parierte Felix Hendrich, der schon nach 14 Minuten von Maik Schröder zwischen den TSG-Pfosten abgelöst worden war (Mühlbrandt: „Kein Vorwurf an Felix. Wir wollten mit Maik einen neuen Impuls setzen“), einen Siebenmeter von Jan Wicklein. Da dieser Hendrich mit seinem Leger am Kopf erwischt hatte, kassierte der Ferndorfer obendrein eine Zeitstrafe.

Die TSG, die zuvor sämtliche Überzahl-Situationen kläglich versemmelt hatte, drehte nun auf. Zwei weitere Zeitstrafen gegen den TuS, der elf Minuten ohne eigenen Treffer blieb, ließ die Harsewinkeler auf 24:21 (44.) davonziehen. Höhepunkt war das 23:21 von Maik Schröder, der im zweiten Durchgang mit elf Paraden überragte, in das leere Ferndorfer Tor. Dass Liam Lindenthal nach 44 Minuten mit der dritten Zeitstrafe ausschied, brachte die TSG nicht mehr aus der Spur.

„Wir haben nach der Pause brutal verteidigt. Heiner Steinkühler hat als Vorgezogener viele Meter gemacht“, lobte Manuel Mühlbrandt seinen Routinier, der nicht nur den immer blasser werdenden Leon Sorg permanent nervte. „Dennoch war es von uns mal wieder ein Licht-und-Schatten-Spiel. Ab jetzt ist jedes Heimspiel Abstiegskampf, in dem wir uns zerreißen und um jeden Punkt kämpfen müssen“, sagte Mühlbrandt.

TSG Harsewinkel: Hendrich/Schröder (ab 14./1 Tor) – Indeche, Braun (2), Lindenthal (2), St. Claire (3), Brown, Steinkühler (7), Hoff (7), Schlögl (4), Sewing (6/2).

Die Glocke

32:25-Heimsieg der TSG Harsewinkel 19 Gegentore bis zur Pause, dann nur noch sechs 

Wer im Handball 19 Gegentore bis zur Pause kassiert, steuert klar auf eine Niederlage zu. Kommen in den zweiten 30 Minuten aber lediglich sechs Treffer dazu, deutet alles auf ein total gedrehtes Spiel hin. 

So geschehen beim 32:25- Heimsieg des Oberligisten TSG Harsewinkel nach 15:19-Pausenrückstand. Während es der Mannschaft von Manuel Mühlbrandt im ersten Durchgang in eigener Halle vor annähernd 400 Zuschauern in der Defensive an Grundtugenden wie der Bereitschaft, Zweikämpfe anzunehmen oder dem Mitspieler zu helfen, mangelte, zeigte Gegner TuS Ferndorf II einen Auftritt, den Spielertrainer Leon Sorg als die „wohl beste erste Halbzeit der Saison“ bezeichnete. Gleich in welcher Formation, bekamen die Gastgeber erst die Mitte nicht dicht und kassierten dann über die Außenpositionen Tor um Tor.

„Da gucke ich Christoph Dammann an, und der schüttelt auch nur den Kopf“, war es Mühlbrandt und seinem „Co“ während der ersten 30 Minuten nicht möglich, den „blutleeren Totengräberhandball“ (so Mühlbrandt) zu beeinflussen. Im Angriff lief es kaum besser, war die TSG komplett von den Rückraumspielern Jannis Hoff und dem als einzigen vorangehenden und Führungsqualität ausstrahlenden Heiner Steinkühler abhängig. Luca Sewing blieb dagegen bis zur Pause ohne Tor und wurde in der Abwehr durch Liam Lindenthal ersetzt. An den Kreis kamen kaum Bälle durch, von Außen blieben zu viele Chancen ungenutzt So schlug das Pendel nach der letzten TSG-Führung beim 6:5 (10. Minute) zugunsten der Gäste. Die waren körperlich unterlegen, überzeugten aber durch von Leon Sorg als Kopf und Lenker eingeleitete und auch vollendete Offensivaktionen. 

Offensichtlich gelang es dem Harsewinkeler Trainergespann in der Kabine, die Spieler zu erreichen. Denn vom Wiederanpfiff an steckten endlich Einstellung und Galligkeit in den schwarz-orangenen Trikots. Angeführt von Torwart Maik Schröder, der im ersten Durchgang eingewechselt wurde, „weil wir gucken wollten, ob er besser mit der schwachen Abwehr vor sich klar kommt“ (Mühlbrandt), fanden die Gastgeber ins Spiel Sieben Treffer in Folge machten aus einem 17:21-Rückstand eine 24:21-Führung. Erst in der 46. Minute beendeten die Gäste eine elfminütige Torflaute mit dem 24:22. Jetzt war es Luca Sewing mit den einfachen Treffern aus dem rechten Rückraum, der die Weichen mit drei Treffern in Serie zum 27:23 endgültig auf Sieg stellte.