Bericht der NW
Handball: Oberligist TSG Harsewinkel fällt in der Schlussphase gegen Herne auseinander. Sven Bröskamp scheidet frühzeitig verletzt aus.
Es ist Druck auf dem Kessel
Im Freibad genossen die Massen den vermutlich letzten Sommer-Samstag des Jahres, nebenan verloren sich nur die ganz Hartgesottenen im ungewöhnlich leeren Hasenbau – und sahen, wie die TSG Harsewinkel in den letzten zwölf Minuten richtig nass gemacht wurde. Bei der auch in der Höhe verdienten 24:32 (13:13)-Niederlage gegen den HC Westfalia Herne zerfiel Handball-Oberligist TSG Harsewinkel spätestens nach dem 20:21 (48.) in seine Einzelteile.
„Die Mannschaft ist nicht gemeinsam, sondern jeder für sich alleine untergegangen“, vermisste Trainer Manuel Mühlbrandt vor allem die Bereitschaft, sich in einem für die TSG schwierigen und angesichts der Umstände erstaunlich lange offenen Spiel gegenseitig zu helfen. Stattdessen waren auf der Platte gegenseitige Schuldzuweisungen zu vernehmen. „Anstatt mit sich selbst, hat jeder mit dem Fehler des anderen gehadert“, so „Mühle“.
Das Unheil nahm bereits früh seinen Lauf, wenngleich es sich dank eines bestens aufgelegten Felix Hendrich im TSG-Tor lange nicht im Ergebnis ausdrückte. Kapitän Sven Bröskamp humpelte schon nach sieben Minuten verletzt vom Feld, nachdem er ohne Fremdeinwirkung mit dem linken Fuß umgeknickt war. Zur Schwere der Bänderverletzung ließ sich am Samstagabend noch nichts sagen.
Da Robert Indeche einen schlechten Tag erwischte und Heiner Steinkühler aufgrund seiner entzündeten Patellasehnen an beiden Knien weiterhin nicht zur Verfügung stand, fehlte es der TSG fortan an Kreativität. „Wir haben im gebundenen Spiel schnell unsere Struktur verloren. Herne hingegen hatte mit Julian Schneider und Tobias Spiekermann zwei Top-Mittelleute“, nannte Manuel Mühlbrandt den entscheidenden Unterschied. „Allerdings ist von Herne nichts Überraschendes gekommen, was wir nicht vorher ausgearbeitet hatten“, zeigte „Mühle“ auf eine entsprechende Datei auf seinem Handy, die an alle Spieler gegangen war. Dass die Westfalia ihre Spielidee über den starken Rückraum entwickle und die Außen sowie den Kreis kaum mit einbeziehe, sei allen bekannt gewesen. „Da stellt sich die Frage, warum die Spieler dem Trainer offenbar nicht zugehört haben.“
Auf jeden Fall sei bei der TSG vor dem kommenden Gastspiel beim noch punktlosen Aufsteiger TuS 97 Bielefeld-Jöllenbeck laut Mühlbrandt nun „Druck auf dem Kessel“, wenngleich der Harsewinkeler Saisonstart angesichts des schweren Auftaktprogramms mit 2:4 Punkten noch als ordentlich bezeichnet werden kann.
„Wir hatten sehr großem Respekt vor Harsewinkel, vor allem vor ihrer Torgefahr aus der zweiten Reihe. Aber vor zwei Wochen gegen Gladbeck war die TSG, die ich für eine gute Oberliga-Mannschaft halte, stärker“, sagte Westfalia-Trainer Stephan Krebietke, der die erste Halbzeit seines Teams „okay“ und die zweite „gut“ fand. „Julian Schneider hat hinten wie vorne den Takt vorgegeben. Wir haben im Angriff gute Lösungen gefunden und hatten eine hohe Effektivität.“
TSG Harsewinkel – Westf. Herne 24:32 (13:13)
TSG Harsewinkel: Hendrich/Schröder – Indeche (1), Ergun, Grothues (1), Lindenthal (3/1), Wunsch, S. Bröskamp (1), F. Bröskamp, Hoff (5), Schlögl (3), Sewing (6/1), Falkenberg (4).
HC Westfalia Herne: Zindel/Dröge – Spiekermann (3), Schumann, Klamann, Weste (8), Sibbel (6/3), Böck (3), Ihnen (4), Komisarek (3), Krebietke, Schneider (4), Drees (1).
Schiedsrichter: Marco Brehm/Daniel Hogge
Zeitstrafen: 4 Minuten/10.
Die Glocke schreibt:
Handball-Oberliga: 24:32-Heimniederlage Jeder für sich allein und nicht als Team verloren
Im Harsewinkeler Hasenbau, wo vor zwei Wochen noch der überraschende Auftaktsieg über Drittligaabsteiger Gladbeck bejubelt worden war, herrschte am Samstag bittere Ernüchterung. Die zweite Niederlage in Folge zeigte Handball-Oberligist TSG Harsewinkel viele Schwachstellen auf. Vor allem in der zweiten Halbzeit bot die Mannschaft von Manuel Mühlbrandt bei der vollauf verdienten 24:32 (13:13)-Heimpleite gegen einen stark aufspielenden HC Westfalia Herne eine bedenkliche Leistung, bei der sich einige personelle Baustellen auftaten.
Der Trainer rückte vor allem das Auseinanderfallen als Mannschaft in den Vordergrund: „Jeder hat für sich allein verloren. In Hagen sind wir als Team untergegangen, aber diesmal hat jeder mit den Fehlern des anderen gehadert.“ War bei den Gästen, angeführt vom überragenden Mittelmann Julian Schneider und dem vom Spielertypen her ganz ähnlichen, beweglichen sowie sprung- und wurfstarken Tobias Spiekermann eine klare Spielidee erkennbar, fehlte es dem Harsewinkeler Angriff an Struktur. Dafür ist zu weiten Teilen die Mittelposition verantwortlich.
Auf der Titelseite des Hallenheftes wurde der nach einem Kreuzbandriss zurückgekehrte Sven Bröskamp noch mit der „Capitano ist zurück“ begrüßt. Doch der ältere der Bröskamp-Brüder knickte in der siebten Minute um und fiel mit dickem Knöchel aus. Und Robert Indeche gelang es laut Trainer Mühlbrandt diesmal nicht, „die jeweils 200 PS, die er rechts und links neben sich hatte, passend an die Zügel zu nehmen“.
Aber auch die „Halben“ Jannis Hoff und Luca Sewing hatten keinen guten Tag, trafen oft die falschen Entscheidungen. Durch schwache Pässe und falsche Wurfentscheidungen geriet das Team immer mehr in die Bredouille. Ballverluste ermöglichten Herne einfache Torgelegenheiten – von denen Felix Hendrich sogar noch einige vereitelte. In der Herner Offensive waren dagegen immer wieder Spielzüge erkennbar, wurde mal das Tempo gekonnt herausgenommen, dann aber wieder schnell abgeschlossen.
Damit wurde die TSG-Abwehr in einer Partie, die auf beiden Seiten die Außen vernachlässigte und sich im Rückraum verdichtete, immer wieder sehenswert ausgespielt. Das wurmte Harsewinkels Trainer Mühlbrandt. Der hatte sein Team genau auf diese Stärken der Gäste vorbereitet, die den Abgang ihres bisherigen Spielmachers Oskar Kostuj zum Zweitligisten TUSEM Essen hervorragend kompensiert hatten. „Es war nichts Überraschendes dabei. Jeder meiner Spieler wusste genau, was passiert. Nur die haben geschlossen als Mannschaft auf diesen drei Positionen agiert, bei uns war es eine Katastrophe
Viele Ausfälle vor Bewährungsprobe
Dabei hatten die Gastgeber vor 400 Zuschauern einen optimalen Start erwischt und nach wenigen Minuten mit 3:0 vorne gelegen. ein Tor vor, auch dank des starken Felix Hendrich im Tor. Der spielte von Beginn an, weil der in den Partien zuvor starke Maik Schröder krank war, nicht trainiert hatte und bei seinem kurzen Einsatz keinen Impuls für die Vorderleute im Köcher hatte.
Bei den Feldspielern stand Florian Bröskamp angeschlagen nur bedingt als Alternative für die Mitte zur Verfügung, Heiner Steinkühler wird noch länger fehlen. Den linken Fuß gebrochen hat sich Sven Bröskamp wohl nicht, doch auch der „Capitano“ wird erstmal fehlen. Mit den größer werdenden Personalproblemen verfestigt sich der Eindruck, dass der
Auftaktsieg vor zwei Wochen nicht der Maßstab für die Saison war.
Gegen den mit 0:6-Punkten gestarteten Aufsteiger TuS 97 Bielefeld-Jöllenbeck steht das Team am kommenden Samstag vor einer wichtigen Bewährungsprobe. Mit einem Sieg und 4:4-Punkten sähe die Oberligawelt nämlich schon wieder anders aus